Montag, 9. Juli 2012

Wuhan... my very first time in China

Gut, ich weiß es ist nicht die beste Art einen Blog damit zu starten, dass der erste Post zwei Wochen Verspätung hat. Was kann ich zu meiner Entschuldigung sagen? Ich hatte kein Internet – und eigentlich habe ich immer noch keines, aber das ist momentan Nebensache.
Inzwischen ist es der 14. Tag seit ich von zu Hause weggeflogen bin, und irgendwie kann ich es immer noch nicht ganz fassen. 14 Tage klingen in meinen Ohren circa so glaubhaft wie „Sieh mal, Gerard Way ist gerade an uns vorbeigegangen!“ Sprich, gar nicht. Aber das heißt nicht, dass ich diese zwei Wochen (!) nicht genossen hätte. Im Gegenteil. Es ist unglaublich, wunderschön und manchmal wirklich total verrückt.

Und trotzdem hab ich gerade wirklich gar keine Ahnung, was ich euch allen erzählen möchte. Nicht, dass es nichts zu erzählen gäbe, ich hab in den letzten zwei Wochen mehr erlebt als davor in meinem halben Leben, ich habe 93 Seiten Tagebuch geschrieben – ihr kennt mich ja, ich hab’s irgendwie mit der Schreiblänge – und bin gerade bei „little fact number 90“angekommen, also in nicht ganz zwei Wochen schon 90 Kleinigkeiten, die mir an China und den Chinesen aufgefallen sind. Ich kann mich also wirklich nicht darüber beklagen, dass ich nichts zu erzählen hätte. Aber momentan weiß ich nicht ganz, was ich euch erzählen möchte, denn nicht alle 90 Fakten und nicht alle 93 Seiten Tagebuch sind für jeden besonders interessant…

Okay. Ich beginne am Anfang. Aber bevor ich anfange möchte ich die Gelegenheit nutzen und euch allen für die guten Wünsche, für die schönen Karten und Briefe und für die liebevollen Geschenke herzlich danken. Die allermeisten Dinge haben ihren Weg nach China gefunden – nein, alle, weil die wenigen Dinge, die ich im Koffer nicht mitgenommen habe, habe ich ganz fest im Herzen mitgenommen, und von jedem habe ich zumindest EIN Andenken mit – die Tagebücher werden schon fleißig benutzt, wie man oben unschwer überlesen kann, die Schutzengel haben alle ihren Platz neben meinem Bett, die Schutzarmbänder und Ketten habe ich gar nicht erst abgelegt, und sie haben definitiv ihren Dienst getan, und die Bücher habe ich auf meinem Flug verschlungen, das war auch ganz gut so: Ich habe wirklich Seelentröster und Ablenkungen gebraucht.
Denn wenn ich über meinen Flug ein paar Dinge sagen müsste, würde ich sagen:
Ich hab im ersten Flugzeug die ganze Flugzeit lang durchgeheult. (Das waren zum Glück nur knapp zwei Stunden.)
Es war alles viel weniger kompliziert, als ich es mir vorher vorgestellt habe.
Ich hatte keinen Jetlag. Und last but not least:
Sobald ich auf Chinesischem Boden gestanden bin, war ich einfach nur noch aufgeregt und sehr, sehr glücklich.
Und später hat auch alles geklappt. Ich wurde von der richtigen Familie abgeholt (auch, wenn auf dem Schild, das sie hochgehalten haben „NINA“ gestanden ist…) und alle waren wahnsinnig nett. Ich hatte dann noch zwei Nächte lang Heimweh, dann war auch das vorbei.
Für alle, die es nicht wissen: Ich wohne bei den Eltern von Hong Ling, meiner Chinesischlehrerin. Aber wer jetzt glaubt, dass es deshalb im Haus still ist, hat sich ziemlich geirrt. Das Haus ist bevölkert mit Kindern, die mich alle ziemlich exotisch und aufregend finden.
Da wären zum Beispiel einmal Baobao und Beibei, die 3-jährigen Zwillingstöchter von Hong Lings Schwester. Sie sind entzückend und haben noch mehr Unsinn im Kopf als Adele (und ich habe immer naiv angenommen dass das gar nicht möglich ist!). Außerdem betätigen sie sich gerne als Friseure und sonstige Beauty-Spezialisten…
Ich nach der Schönheitspflege

Jedenfalls gibt es nichts Süßeres als chinesische Kleinkinder
Beibei und Baobao

Dann gibt es noch Tiantian, den Sohn von Hong Lings Bruder, von dem man nicht viel mitbekommt weil er den ganzen Tag lang irgendwelche Spiele auf allen Handys spielt, die er ergattern kann. Dafür ist Gege – seine Schwester – umso präsenter.
Gege
Sie liebt mich und sie versteht mein chinesisches Gestotter auch am besten. Dass mich hier alle kleinen Kinder „Lina Jiejie“ nennen (das heißt so viel wie „Große Schwester Lina“), daran könnte ich mich aber gewöhnen…
Am Samstag sind meine Chinesischlehrerin und ihre Tochter – Mumu – nachgekommen, seitdem habe ich sogar Privatübersetzer.
Mumu und Hong Ling am Donghu-See (Ostsee)
Die habe ich auch dringend notwendig, denn mein größter Vorteil und gleichzeitig größter Nachteil in China ist, dass ich nicht sehr, aber doch relativ gut Chinesisch sprechen kann, jedenfalls gut genug um mich verständlich zu machen.
Das Problem ist folgendes: Ich verstehe Chinesisch nicht besonders gut. Aber sobald die Chinesen hören, dass ich ihre Sprache spreche, denken sie sofort, dass ich mehr oder weniger alles verstehen kann und beginnen in sehr schnellem, umgangssprachlichen Chinesisch auf mich einzureden.
Noch schlimmer ist es nur dann, wenn viele Leute gleichzeitig auf dich einreden.
Oder dann, wenn sie versuchen, mit dir Englisch zu sprechen. Ganz ehrlich: Ich verstehe Chinesen besser, wenn sie mit mir Chinesisch reden als wenn sie es mit Englisch probieren. Es gibt zwar in der Siedlung, in der ich wohne, einen „Bilingual kindergarten“, aber ich habe noch nichts davon gemerkt, dass der für irgendetwas gut war. Die Vokabel können die Chinesen wahrscheinlich sogar, aber ich kann das nicht beurteilen, die Aussprache ist derartig unverständlich dass ich keine Chance habe, die Wörter auch nur zu erraten. (Ich bestreite nicht, dass es Chinesen gibt, die gut Englisch sprechen, aber zumindest bisher habe ich in China keinen davon getroffen).
Trotzdem merke ich deutlich, dass mein Chinesisch (Sprechen, Verstehen und erstaunlicherweise sogar das Lesen) besser geworden ist. Das ist auch gut so: Sobald ich ab 26. Juli in Shanghai bin, werde ich es ohne Privatdolmetscher schaffen müssen, bis dahin bin ich aber ganz froh, Hong Ling und Mumu hierzuhaben.
Mir bleiben nur noch drei Tage, bevor ich nach Shanghai fahre und in meine erste „richtige“ Gastfamilie und auch erste (Chinesisch)Schule komme.



Ich weiß nicht, wann ich es das nächste Mal schaffen werde, einen Blogeintrag zu schreiben, aber ich hoffe, dass ich es bald schaffen werde, auch wenn dieser Blogpost ursprünglich nur über Umwege gepostet wurde - meine Eltern waren so lieb und haben das für mich erledigt - habe ich jetzt zum ersten Mal funktionierendes Internet. Ich werde wahrscheinlich noch eine Weile brauchen, bis ich mich damit zurechtgefunden habe... aber zumindest weiß ich jetzt, dass es funktioniert. Und damit bis bald.